Arrivo Syrakus
Auf der Fähre vom Festland nach Messina auf Sizilien ist mein Auto das einzige nichtitalienische – und es ist eine große Fähre. Es ist kurz vor Ferroaugusto – man feiert hier Maria Himmelfahrt am 15. August so als eine Art Strandhappening – und die Insel ist schon sehr voll mit italienischen Reisenden und einigen wenigen Verrückten wie mich, die sich das im heißen August hier antun.
Da ich ja auf den Spuren von Herrn Seume und nicht zu vergessen Paul aus Rostock wandle, ist es dann Mitte August endlich soweit: Ich bin in Syrakus! Und das heißt genau genommen in der Altstadt, die wiederum auf der Insel Ortigia liegt. Zwischen den kleinen Gassen und Hinterhöfen befindet sich an der Piazza del Duomo wie könnte es anders sein der Dom Santa Maria delle Colonne. Und dieser zeigt auf sehr vollendete Weise, wie ein griechischer Tempel im 7. Jahrhundert eine christlichen Basilika wird, die dann später von den Arabern als Moschee genutzt wird, dann wieder eine Kirche ist und im 17. Jahrhundert eine barocke Fassade erhält, während man an der Seite noch die originalen dorischen Säulen erkennt. Was natürlich das Herz der Ethnologin – und auch irgendwie der Islamwissenschaftlerin in mir sehr berührt. Übrigens: Dom und Kathedrale sind praktisch das Gleiche, beides steht für eine Bischofskirche, wobei Kathedralen nur katholische und orthodoxe Kirchen meinen. Ja, wieder was gelernt auf der Grand Tour 😉
Der Osten Siziliens bietet Kultur ohne Ende, ob nun der kleine Palast Biscari in Catania oder die Barockstädte Noto und Ragusa, deren Straßen ein ganzes Ensemble bilden. Ihr müsst dazu wissen, dass ein großes Erdbeben 1693 hier ziemlich viel zerstört hat und dadurch die Städte „völlig neu“ aufgebaut wurden (da es ihnen wirtschaftlich gut ging, war Geld vorhanden), was einige hundert Jahre später natürlich äußerst pittoresk wirkt. Leider steht in den Altstädten, insbesondere in denen eher kleinen Städtchen wie Piazza Armerina vieles leer bzw. zum Verkauf. Was für uns malerisch wirkt, bedeutet für die Bewohner Verfall.
Im Hinterland könnt ihr alte Burgen wie das Castello Donnafugata (dessen Name aus dem arabischen abgeleitet wurde) oder römische Villen mit fantastischen Mosaiken besichtigen. Die Villa Romana del Casale ist berühmt für die Bikini-Mädchen, mich haben sie eher an Sportlerinnen erinnert, aber das eine schließt ja das andere nicht aus. Antike griechische Theater gibt es natürlich auch, zum Beispiel das in Taormina.
Unterhalb des Etna auf einem Weingut
Aufgrund der Hitze mache ich ein Päuschen vom Campen und steige stilvoll in der zum Weingut Murgo gehörenden Tenuta San Michele unterhalb des Etna ab. Das Gut gehört übrigens immer noch Baron Murgo und nicht irgendwelchen chinesischen Investoren. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Begeisterung für Pools entwickle, aber ab 35 Grad liebst du alles, was irgendwie nach Wasser ausschaut 😉 Gern wäre ich ja wie Enzo (Jean Reno) im Film „Im Rausch der Tiefe“ im Nobelhotel San Domenico Palace abgestiegen, einem ehemaligen Kloster in Taormina, aber dies wird leider seit längerem renoviert (was für meine Reisekasse auch besser ist). Hm, da muss ich wohl noch mal nach Sizilien. Dafür bin ich dann später etwas nördlich von Catania in dem wundervollen Haus Valle Allegra von Elisabetta untergekommen. In meinem Zimmer könnte man sofort einen Film von Agatha Christie drehen.
Zumal es auf Sizilien mit lauschigen Zeltplätzen eher schlecht aussieht. Empfehlen kann ich aber den einfachen Campingplatz Rinaura (mit Pool, aber wenigen Steckdosen) in der Nähe von Syrakus und vor allem den netten Agricampeggio Maccari weiter südlich – ein kleiner Bauernhof. Er ist, wie könnte es anders sein, ein Stück weg von der Küste, hat auch einen Pool sowie gemütliche Bungalows zum mieten und einige Campingslots, so dass es sehr familiär zugeht. Die Besitzerin Giusi und ihre 82jährige Mutter kochen abends und alle sitzen dann an einem Tisch. Das Essen ist göttlich, der Wein von der Rebsorte Grillo ebenfalls – ich frage mich nur, wie die Italiener so viel essen können …. und vor allem wie ich später in mein Zelt kommen soll. Rollend? Ihr könnt bei den beiden Damen übrigens auch sizilianisch kochen lernen; deren Rezept für Parmigiana di melanzala hätte ich dann übrigens gern.
Wie war das eigentlich so mit dem Reisen vor 200 Jahren?